Seit dem 1. Januar 2020 setzt Landwirt Lutz Bedehäsing auf eine Kooperation mit den Stadtwerken Iserlohn. Sein Ziel: Mit seiner Biogasanlage zur Verwirklichung der Energiewende beizutragen und dabei vom Know-how des Heimatversorgers zu profitieren. Denn nach dem Auslaufen von staatlichen Förderungen werden neue Lösungen gefragt sein, um nachhaltige Erzeugungsanlagen wirtschaftlich betreiben zu können.
Mein Land, mein Hof, meine Gülle, meine Biogasanlage – so könnte es klingen, wenn ein Landwirt wie Lutz Bedehäsing seinen Besitz zusammenfassen würde. Wer mit dem Iserlohner aus dem Stadtteil Rheinermark ins Gespräch kommt, wird jedoch deutlich bodenständigere Sätze hören: „Wir haben hier den Platz und die nötigen Mittel. Warum sollen wir das nicht nutzen, um unseren Betrieb möglichst nachhaltig zu bewirtschaften?“, erklärt Lutz Bedehäsing seine Überzeugung. Das Erbe für zukünftige Generationen liegt dem Nachwuchslandwirt am Herzen. Deswegen betreiben er und sein Vater Ludwig seit zehn Jahren auch eine eigene Biogasanlage auf ihrem Hof.
Groß und stattlich thront die Anlage auf dem Hofgelände. Die zwei großen Behälter, jeder sechs Meter hoch und mit einem Umfang von 16 Metern, springen jedem Besucher schon von weitem ins Auge. „Flexibles Doppelmembrandach“, erklärt Lutz Bedehäsing den Aufbau der Anlage, „Im linken Behälter, dem sogenannten Fermenter, gärt das Material, das in regelmäßigen Abständen nachgefüllt wird. Durch die Gärung entsteht Gas, das anschließend zur Strom- und Wärmeproduktion genutzt wird. Im rechten Behälter landet der ausgefaulte Gärrest, den wir zum Düngen unserer Felder verwenden.“
So entstehe ein äußerst praktikabler Kreislauf: Das Material für die Biogasanlage stammt zu einem guten Teil aus dem eigenen Schweine- und Pferdestall. Gülle und Mist stellen eine erstklassige Befüllung für die 2 Millionen Kilowattstunden starke Anlage dar, die mit diesem Jahresertrag an Strom etwa 400 Haushalte versorgen kann. Um die Anlage immer voll betreiben zu können, nimmt Bedehäsing auch anderen Landwirten Gülle, Mist und Grünabfälle ab. Damit der wirtschaftliche Betrieb stets sichergestellt werden kann, landet zusätzlich Mais von den eigenen Feldern im Fermenter.
„Der Kreislauf schließt sich dadurch, dass wir den Gärrest aus der Biogasanlage am Ende wieder auf unseren Feldern ausbringen können.“, erklärt Lutz Bedehäsing. Im Vergleich zu unverarbeiteter Gülle besitzt der Gärrest sogar eine bessere Nährstoffverfügbarkeit für die Pflanzen – und er riecht nicht mehr so unangenehm. „Das dürfte auch unsere Nachbarn freuen“, lacht Bedehäsing. Was den Landwirt selbst am meisten freut, sind die vielen Kilowattstunden Strom, die das hofeigene Blockheizkraftwerk (BHKW) erzeugt, das neben der Biogasanlage steht.
Das BHKW wandelt das in der Anlage entstandene Gas direkt vor Ort in Strom und Wärme um. Die entstehende Wärme nutzt der Hof Bedehäsing teils selbst, um sein Wohnhaus zu beheizen oder Futtermittel für die Tiere zu trocknen. Zu einem Großteil fließt die Wärme jedoch ins benachbarte Sägewerk, das die Wärme zum Bauholz-Trocknen benötigt. Seit es mit der nachhaltig produzierten Wärme versorgt wird, spart das Sägewerk rund 80.000 Liter Heizöl pro Jahr ein.
In einer Biogasanlage wird organisches Material durch Vergärung in Biogas umgesetzt. Als Material eignen sich landwirtschaftliche Bioabfälle wie Gülle, Mist und Stroh, aber auch Energiepflanzen wie Mais und Raps. Im sogenannten Fermenter entsteht daraus unter Luftausschluss Methangas. Das Gas wird anschließend in einem Blockheizkraftwert (BHKW) mittels Kraft-Wärme-Kopplung verbrannt. So entstehen sowohl Strom als auch Wärme.
„Der Strom aus der Biogasanlage Bedehäsing wird komplett ins Netz eingespeist und steht damit als nachhaltig produzierter Ökostrom den Kunden der Stadtwerke Iserlohn zur Verfügung“, erklärt Dennis Betzinger von den Stadtwerken. Seit dem 1. Januar 2020 lässt der Hof Bedehäsing den Strom aus seiner Biogasanlage von den heimischen Stadtwerken, dem Heimatversorger aus Iserlohn, vermarkten. „Ich hab‘ mich gefreut, als die Stadtwerke auf mich zukamen“, erzählt Lutz Bedehäsing. „Für mein Verständnis macht es einfach am meisten Sinn, regional erzeugte Energie auch regional zu vermarkten“.
Hinzu kommt, dass der Landwirt auf eine langfristige und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den heimischen Stadtwerken setzt. Seine nun zehn Jahre alte Biogasanlage wird in weiteren zehn Jahren aus der EEG-Vergütung auslaufen, die ihm aktuell staatlich gefördert etwa 20 Cent pro Kilowattstunde garantiert. „Was wir Energieerzeuger brauchen, sind sinnvolle Lösungen, um unsere nachhaltigen Anlagen auch in 10, 20 und 30 Jahren wirtschaftlich betreiben zu können“, erklärt Lutz Bedehäsing. „Mit PowerSharing geht der Heimatversorger genau in die Richtung, die ich mir für die Zukunft vorstelle“. Ziel der PowerSharing-Idee sei es schließlich, ein regionales Netz aus Energieerzeugern und -nutzern aufzubauen, das sich auch finanziell für alle Seiten lohnt.
„Ein regionaler Markt ist genau die richtige Vision, um auch Betreiber von kleinen bis mittleren Anlagen in den Markt einzubinden“, erklärt Stadtwerke-Mitarbeiter Dennis Betzinger, der seit Beginn der Kooperation erster Ansprechpartner für den Hof Bedehäsing ist. „Wir freuen uns über Lutz‘ Vertrauen und verfolgen das Ziel, mit vielen weiteren Betreibern von Erzeugungsanlagen zusammenzuarbeiten. Aus den Bedürfnissen unserer Kunden heraus können wir Lösungen für die Zeit nach Auslaufen von EEG und Co. entwickeln – damit sich nachhaltige Energieproduktion auch finanziell lohnt“.
Lutz Bedehäsing jedenfalls ist weiterhin von seinem Weg überzeugt: „Am liebsten würde ich noch viel mehr eigenen Strom produzieren. Ich habe hier genug Platz, um zusätzlich zu Biogas und PV-Dachanlage noch eine große Freiflächen-Photovoltaik-Anlage zu bauen“. Bisher gebe es für solche Pläne jedoch noch keine politische Erlaubnis. „Lutz, sobald es die gibt, kommen wir sofort ins Gespräch!“, lacht Dennis Betzinger. Denn eine solche Anlage wäre natürlich ein wertvoller weiterer Baustein im Virtuellen Kraftwerk Iserlohn, das eine ganze Region autark und nachhaltig mit Energie versorgen könnte. „Ich bin bereit!“, versichert Lutz Bedehäsing und verabschiedet sich. Auf seinem Hof ist wie jeden Tag noch eine Menge zu tun.